Anni und Welli
Anni und Welli

Es war im Sommer 2007 als ich den kleinen etwas abgemagerten und skeptischen Welli (Weltstar) kaufte und nach Norderstedt holte. Eigentlich konnte keiner so recht verstehen, warum ich gerade dieses Pferd gekauft habe. Welli war nicht wirklich ein Pferd zum sofortigen "Losreiten". Er rannte wie von einer Tarantel gestochen, schlug mit dem Kopf, sodass man Angst um seine Nase haben musste und er erinnerte beim Laufen eher an ein Holzbrett. Ich fand ihn trotzdem super und wusste was in ihm steckt.


Gemeinsam mit Uwe und Tina begann ich ihn zu trainieren und schon bald zeigten sich die ersten Erfolge. Er sah nach kurzer Zeit schon viel besser aus und in der Dressur wurde er mit viel Ruhe und der kompetenten und souveränen Arbeit von Tina und Uwe langsam zu einem Reitpferd. Es war endlich soweit: Welli und ich durften uns unserer eigentlichen Leidenschaft widmen, dem Springen. Hier war sein Name "Weltstar" Programm:) Nachdem Uwe Welli und mich die ersten Wochen geduldig die Sprünge aus dem Schritt hat anreiten lassen, damit er gelassener wird, konnte Welli nach einigen Wochen tatsächlich seinen ersten Parcour im Galopp absolvieren, ohne dabei völlig außer Kontrolle zu geraten. Wir arbeiteten stetig weiter an seiner Gelassenheit im Springen und "kneteten" ihn weiterhin in der Dressur. Welli war in der Tat ein sehr spezielles Pferd und unter Garantie nicht nach dem Schema X zu reiten. Doch Tina und Uwe gaben mir bei ihrem Unterricht immer wieder neue Tipps und Tricks mit an die Hand um auch so ein Pferd gesund und munter zu trainieren und zu fördern. Ich lernte nicht nur das "wirklich richtige" Longieren und das behutsame Biegen eines zähen, kopschlagenden Pferdes, ich lernte auch in allen Situationen auf dem Pferd Ruhe und Sicherheit auf das Pferd zu übertragen. "Atme es weg" lauteten Uwe's Worte, die ich bis heute verinnerlicht habe.


Die Zeit verging und aus dem kleinen zähen Welli wurde ein sehr sensibles und talentiertes Springpferd, der zu Hause schon souverän einen M-Parcour sprang. Auch in der Dressur lief er mittlerweile elastisch und entspannt seine Lektionen, auch wenn dies nie seine Leidenschaft wurde. Auf dem Turnier lief er bis Springen der Klasse L und bekam sogar in Stil-Spring-Prüfungen immer super Wertnoten, was am Anfang niemand für möglich gehalten hätte. Tina und Uwe halfen Welli und mir es soweit zu schaffen, indem sie in einer reiter- und pferdegerechten Atmosphäre die Basis für ein so spezielles Pferd schafften. Ob zu Hause oder auf dem Turnier, sie standen immer mit Rat und Tat zur Seite. Am 21.03.2014 verstarb Welli nach 7 wunderschönen Jahren, die ich mit ihm verbringen durfte durch einen Beinbruch auf dem Paddock. Er war einzigartig und bleibt mir als mein bester Freund immer in meinem Herzen erhalten.

Anni und Focus Juli 2015
Anni und Focus Juli 2015

Im Mai 2015 zog dann der 8jährige Westfalen-Wallach Focus V zu mir nach Norderstedt. Foci wurde mir in einem desolaten Zustand und mit dem Hinweis, er hätte ein Problem den Reiter aufsteigen zu lassen, verkauft. Nach einiger Recherchearbeit fand ich nach einigen Tagen seine "Geschichte" heraus. Er hatte in seinen jungen Jahren schon viel schlechtes erlebt und hatte nie wirklich eine feste Bleibe. Aufgrund einiger schlechter Erlebnisse und dadurch entstandenen Angewohnheiten und Ängste, wurde Foci durch die Gegend gereicht, landete mehrmals trotz seines tollen Charakters und seines Talentes beim Händler und kam letztendlich über einen weiteren kurzen Abstecher zu mir.

 

Er sah furchtbar aus, war bis auf die Knochen abgemagert und war total verunsichert. Zudem erfuhr ich, dass Foci aufgrund eines Kissing-Spines-Syndroms all diese Probleme hätte und er laut Klinik unbehandelt als aktuell unreitbar eingeschätzt wurde. Für mich war eins klar, die Situation und der Plan hatten sich zwar verändert, aber dieses Pferd wird trotz und wegen seiner gesundheitlichen und psychischen Probleme nicht mehr abgegeben. Schon ab dem ersten Tag bei mir fühlte er sich sichtlich wohl und merkte wohl, dass er endlich ein festes zu Hause gefunden hat.

 

Nun war es an der Zeit einen Plan B zu überlegen. Wie ich wusste, ist die Diagnose Kissing-Spines nicht gleich ein Weltuntergang und kann auch fast als Normalbefund angesehen werden, solange keine klinischen relevanten Symptome vorliegen. Die akuten Symptome die Foci hatte, konnten ebenso seinem schlechten Allgemeinzustand zugeschrieben werden. Ich besprach mich sowohl mit meinem Tierarzt, als auch mit Uwe und wir entschieden uns gegen eine Behandlung, drehten den Tacho einfach wieder auf Anfang und widmeten uns einem pferdegerechten Aufbautraining. Zu Beginn stand erstmal das Longieren, Speck ansetzen und das Spielen mit seinen neuen Pferdekumpels im Vordergrund. Schon hier stand Uwe mir unterstützend zur Seite. Nach ein paar Wochen war Foci nun soweit, dass ich langsam ans Reiten denken konnte. So fingen Uwe und ich an Foci behutsam an das Aufsteigen (seinem größten Problem, bei welchem reihenweise seine Reiter flogen) zu gewöhnen. Wir behandelten ihn so, als wäre er roh und begegneten ihm zwar mit Vorsicht, aber mit der nötigen Unvoreingenommenheit. Ganz nach Uwes Motto "Mit Möhrchen geht alles" konnte ich nach kürzester Zeit problemlos alleine aufsteigen. Durch Uwes unendliche Geduld und Ruhe gab er mir stets die Sicherheit und das Vertrauen alles richtig mit diesem sensiblen Pferd zu machen. Foci entwickelte sich großartig und von seinen Rückenschmerzen war nichts mehr zu merken. Alleine das individuell angepasste Training nach der Skala der Ausbildung gepaart mit vielen Vorwärts-Abwärts-Einheiten konnte dieses Pferd, welches fast beim Schlachter gelandet wäre, genesen. Weitere Probleme wie das Einrollen oder die Platzangst bei auf uns zu kommenden Pferden, waren nun nur noch Kleinigkeiten und auch hierfür hatte Uwe immer einen guten Tipp parat. Foci lernte, was es heißt, reell und ohne Kraft geritten zu werden und zu lernen. Bald war der Tag gekommen, als ein erneuter Kontrollbesuch durch den Tierarzt anstand, der Focis Rücken erneut untersuchte.... Und NICHTS mehr fand.

 

Es war an der Zeit, dass Foci nun auch das Springen lernen durfte. So toll er in der Dressur lief, hier zeigte sich sein wahres Talent und seine Leidenschaft! Da ging natürlich auch mein Springreiterherz auf:) Auch hier kreierte Uwe uns ein individuelles Training, was es ermöglichte, dass Foci das Springen von der Pike auf richtig lernte. Im Oktober 2014 stand dann das erste kleine Hausturnier auf unserem Hof an. Foci meisterte eine Aufgaben wie ein alter Turnierhase und machte mich mehr als stolz!! Uwe und ich wussten, im nächsten Jahr könnten Foci und ich angreifen! Und so kam es auch, nach ein paar kleinen Übungsturnieren im Dressursattel in der Hallensaison, fuhr ich mit Foci erstmals mit dem Springsattel im Gepäck auf offiziellen Turnierboden. Obwohl ihm beim ersten Turnier in der Prüfung noch etwas Mut fehlte und er nach dem Klingeln das Atmen vergaß, hat er doch glatt von seinem zweiten Springturnier ein Schleifchen mit nach Hause gebracht... Nun bereiten wir uns mit Uwe in Ruhe auf unsere nächsten Turniere vor und freuen uns vor allem über beste Gesundheit! Dieses Pferd hat mir nicht der Himmel, sondern Welli aus dem Pferdehimmel geschickt! Foci macht mich jeden Tag zur glücklichsten Pferdemami auf Erden und ich freue mich auf jeden weiteren Tag mit ihm!!

Anni, Welli und Focus

 

Juli 2015